In der BARF-Beratung begegnet mir immer wieder eine hartnäckige Annahme: „Ich glaube, mein Hund bekommt zu viel Protein – ich erhöhe einfach den Gemüseanteil, dann wird das weniger.“
Diese Aussage begegnet mir regelmäßig – meist gut gemeint, aber leider biologisch und ernährungsphysiologisch falsch gedacht.
Deshalb wird’s Zeit für einen nüchternen Blick auf die Fakten – ohne Panikmache, aber auch ohne romantische Wunschvorstellungen.
Proteinüberschuss bei BARF
Warum mehr Gemüse keine Lösung ist!
Mythos - BARF liefert zu viel Eiweiß
Beginnen wir mit dem Klassiker: „BARF ist zu proteinreich.“
Diese Sorge entsteht meist, wenn man hört, dass Trockenfutter vielleicht nur 20–25 % Rohprotein enthält, während BARF-Rationen im Vergleich „auf dem Papier“ deutlich mehr Eiweiß liefern.
Aber Achtung:
Die Vergleichswerte sind irreführend, da sich Rohproteinwerte im Trockenfutter auf die Trockensubstanz beziehen – bei BARF rechnest du jedoch auf Frischmasse.
Ein korrekt berechnetes BARF-Menü für einen gesunden, erwachsenen Hund liegt selten über 35 % mehr als der tatsächliche Proteinbedarf – und bewegt sich damit in einem absolut unkritischen Bereich. Viele industriell gefertigte Nass- oder Trockenfutter erreichen diese Werte übrigens ebenfalls – ohne dass jemand daran Anstoß nimmt.
Warum mehr Gemüse keine Lösung ist
Nun zur „Lösung“, die viele Halter:innen anwenden: Sie erhöhen den Gemüseanteil von z. B. 20 % auf 30, 40 oder sogar 60 %, in der Hoffnung, das überschüssige Protein zu verdünnen.
Aber diese Rechnung geht nicht auf – und hier ist der Grund dafür:
Gemüse liefert kaum Kalorien.
Die meisten Gemüsesorten bestehen zu 85–95 % aus Wasser, haben < 1 % Fett und < 2 % Kohlenhydrate. 100 g Zucchini, Fenchel oder Kopfsalat liefern nur etwa 15–30 kcal – das ist ernährungsphysiologisch nicht nennenswert.Wird Fleisch durch Gemüse ersetzt, sinkt der Energiegehalt der Ration.
Beispiel: Wird der Gemüseanteil von 20 auf 30 % erhöht, fällt die Energiezufuhr spürbar – der Hund nimmt ab. Um den Energiebedarf dennoch zu decken, müsste die Futtermenge wieder erhöht werden. Damit steigt aber auch der Proteingehalt wieder an. Das Problem bleibt also bestehen – nur die Kotmenge wächst.Hoher Faseranteil = schlechtere Verwertung.
Je höher der Anteil an Rohfaser durch Gemüse, desto schlechter wird die Ration verwertet. Studien zeigen: Steigt der Fasergehalt um 1 %, sinkt die Verdaulichkeit um bis zu 1,6 %. Das führt zu mehr Output, mehr Blähungen, mehr Nährstoffverlusten.
Der Schlüssel liegt im Fett – nicht im Gemüse
Wenn du bei einer korrekt formulierten BARF-Ration tatsächlich das Protein etwas reduzieren willst (z. B. bei Leber- oder Nierenerkrankungen – immer in Absprache mit Fachpersonen), dann ist Fett dein Freund.
Warum?
Fett liefert mehr als doppelt so viel Energie wie Eiweiß oder Kohlenhydrate.
Durch den Einsatz fettreicher Fleischsorten (z. B. Rinderbrust, Entenfleisch, fettes Lamm) oder die Zugabe von tierischen Fetten (z. B. Gänseschmalz, Rinderfett) kann die Futtermenge gesenkt werden – und mit ihr automatisch auch der Proteingehalt.
Rechenbeispiel:
Ein 30 kg-Hund bekommt 600 g BARF mit 15 % Fett → ca. 980 kcal & 87 g Protein
Erhöht man den Fettanteil auf 20 %, reichen 540 g Futter → gleiche Energie, aber nur noch 76 g Protein.
Effektiv, einfach – und vollkommen nährstoffdeckend.
Was ist mit Kartoffeln, Reis & Co.?
Auch beliebt: Der Versuch, mit stärkereichen Komponenten wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln den Proteingehalt zu drücken.
Aber auch hier gilt: Der Effekt ist ineffizient, die Nebenwirkungen sind erheblich.
Du brauchst riesige Mengen.
Um z. B. 50 g Rinderfett zu ersetzen, benötigst du ca. 650 g Kartoffeln – das ist eine gewaltige Futtermenge mit kaum verwertbaren Nährstoffen.Du verdrängst wertvolle Komponenten.
Je mehr Stärke du fütterst, desto weniger Platz bleibt für Innereien, Knochen, Fleisch – also genau die Zutaten, die deinen Hund mit essentiellen Vitaminen & Mineralstoffen versorgen.Es drohen Nährstoffmängel.
In Beispielrechnungen sinken Calcium-, Vitamin-B1- und B2-Gehalte bei hohem Kohlenhydratanteil unter den Mindestbedarf – und müssen künstlich ergänzt werden.
Was heißt das nun für die Praxis?
Eine BARF-Ration mit etwas mehr Fett ist in der Regel deutlich effizienter, natürlicher und nährstoffstabiler als jede proteinverdünnende Gemüse- oder Getreide-Lösung.
Wer aus Unsicherheit „auf Nummer sicher“ mehr Gemüse gibt, riskiert Verdauungsprobleme, Nährstoffverschiebungen und schlicht ineffizientes Futtermanagement.
Logik statt Legende
🔹 Protein ist kein Feind, sondern essentiell – selbst in moderat erhöhten Mengen unkritisch für gesunde Hunde.
🔹 Wer wirklich regulieren muss, sollte nicht am Gemüse drehen, sondern die Energiedichte im Blick behalten – sprich: den Fettanteil.
🔹 Und wer sicher sein will, setzt auf fundierte Rationsanalysen statt Pi-mal-Daumen-Kompromisse.
Lust auf Klarheit statt Irrtümer im Napf?
Du willst wissen, ob dein Hund zu viel – oder vielleicht zu wenig – Protein bekommt?
Du brauchst Hilfe bei der Auswahl geeigneter Fleischsorten, Fettquellen oder möchtest die Ration gezielt anpassen?
Dann lass uns gemeinsam hinschauen.