Die Rohfütterung von Hunden ist längst kein Nischenthema mehr – und das ist gut so. Gerade bei Welpen möchten viele Halter von Anfang an alles richtig machen und entscheiden sich bewusst gegen Industriefutter. Doch je mehr Menschen sich mit BARF beschäftigen, desto mehr Halbwissen, Verwirrung und falsche Empfehlungen kursieren – besonders online.

Was ursprünglich aus Unsicherheit entsteht, wird schnell zur vermeintlichen „Regel“ – gepusht durch Facebook-Gruppen, Foren und gut gemeinte, aber unreflektierte Erfahrungsberichte. Vor allem bei der Ernährung von Welpen wird dabei mitunter regelrecht Angst gemacht: „Zu wenig Calcium!“, „Nicht ausgewogen genug!“, „Das Verhältnis stimmt nicht!“ – Aussagen, die oft wenig mit tatsächlicher Biologie und mehr mit Marketing zu tun haben.

Zeit, mit den hartnäckigsten Mythen aufzuräumen. Und zwar fundiert, praxisnah – und ohne Schönfärberei.

BARF für Welpen

- 5 Mythen, die du besser nicht glauben solltest!

Mythos 1 - Welpen brauchen alle Komponenten täglich, sonst entstehen Mängel?

Diese Vorstellung stammt vor allem aus der Logik der Fertigfutterindustrie: „Jede Mahlzeit ist vollwertig – garantiert!“ Dieses Prinzip wurde unkritisch auf BARF übertragen. Die Angst, dass dem Welpen etwas fehlen könnte, sitzt tief – was verständlich ist, aber zu einem Denkfehler führt.

Fakt ist: Kein Organismus benötigt jede Mikronährstoffgruppe in einem 24-Stunden-Takt. Das trifft weder auf Menschen, noch auf Wildtiere zu – auch nicht auf Wolfswelpen. In der Natur wird gegessen, was verfügbar ist – oft auch mit Pausen oder einseitigen Mahlzeiten. Die Nährstoffdeckung erfolgt über Zeiträume, nicht stündlich.

Ja, eine durchdachte Aufteilung über die Woche ist wichtig. Nein, es ist nicht notwendig (und manchmal sogar kontraproduktiv), Innereien, Knochen und Seealgen täglich zu geben.

Praxis-Tipp: Verteile die Wochenration sinnvoll und so, wie dein Welpe sie am besten verträgt – z. B. RFK an 4 Tagen, Innereien an 2 Tagen, Seealge regelmäßig, aber nicht täglich.

Mythos 2 - Welpen brauchen mehr Knochen als erwachsene Hunde

Hier kommt häufig der Satz: „Weil sie wachsen, brauchen sie ja mehr Calcium.“ Stimmt – aber nicht so, wie viele glauben. Denn der Calciumgehalt hängt nicht pauschal von der Lebensphase ab, sondern von der Art der gefütterten RFK (rohen fleischigen Knochen).

Wichtig zu wissen:

  • Harte RFK (z. B. Rinderbrustbein) enthalten ca. 2900 mg Calcium / 100 g

  • Weiche RFK (z. B. Hühnerhälse) nur etwa 1500 mg / 100 g

Daher: Wer nur weiche RFK füttert, muss die Menge anpassen – auf ca. 20 % vom tierischen Anteil. Das hat aber nichts damit zu tun, dass der Hund ein Welpe ist.

Ein Zuviel an Calcium – besonders durch unüberlegte Supplementierung – kann zu Skelettfehlbildungen führen. Denn: Der Körper reguliert Calcium nicht unbegrenzt, und gerade wachsende Hunde reagieren empfindlich auf ein Missverhältnis.

Praxis-Tipp: Ca. 15 % gemischte RFK oder 20 % weiche RFK – mehr ist in der Regel nicht nötig. Finger weg von Eierschalenpulver „auf Verdacht“.

Mythos 3 - Zu viel Protein lässt Welpen schneller wachsen oder schädigt die Gelenke

Dieser Mythos ist besonders hartnäckig – und komplett widerlegt.

Studien zeigen klar: Protein beeinflusst weder das Wachstumstempo noch die Knochenentwicklung negativ (z. B. Meyer/Zentek, 2020). Die eigentliche Stellschraube ist die Energiezufuhr. Wer überfüttert, riskiert schnelles Wachstum – nicht wegen zu viel Eiweiß, sondern weil zu viele Kalorien aufgenommen werden.

Die Idee, den Proteingehalt künstlich zu senken, führt in der Praxis zu einem höheren Fett- oder Kohlenhydratanteil – also mehr Energie. Das ist kontraproduktiv.

Praxis-Tipp: Hochwertiges Protein ist wichtig – und unproblematisch. Achte lieber auf eine angepasste Energiemenge und regelmäßige Gewichtskontrollen.

Mythos 4 - Das Calcium-Phosphor-Verhältnis muss exakt 1,2:1 betragen

Zahlenmagie, die sich hält – obwohl längst widerlegt.

Die Theorie: Ein Verhältnis von 1,2:1 fördere die Calciumverwertung. Die Realität: Phosphor hat keinen Einfluss auf die Calciumaufnahme (Quelle: Heaney & Recker, 1987). Was zu viel gerechnet wird, schadet am Ende mehr als es nützt – z. B. durch Phosphormangel, wenn man isoliert Calcium ergänzt.

Und wieder hilft der Blick in die Natur: Kein Wolf füttert mit Taschenrechner. Beutetiere liefern ein Ca:P-Verhältnis zwischen 1:1 und 1,3:1 – und das reicht seit Millionen Jahren.

Praxis-Tipp: Folge den BARF-Grundsätzen. Mit korrekt berechneter RFK-Menge reguliert sich das Verhältnis automatisch – ohne Nachhilfe aus der Dose.

Mythos 5 - Wenn die Vorderpfoten ausdrehen, fehlt Calcium

Das sogenannte „Durchtrittigkeit“-Phänomen bei Welpen ist verbreitet – besonders bei großen Rassen. Und ja: Es sieht alarmierend aus. Was folgt, ist oft eine übereilte Calciumgabe – basierend auf der Idee „Mehr hilft mehr“.Problematisch, denn:

  • Die Ursache ist in vielen Fällen nicht ernährungsbedingt

  • Meist handelt es sich um eine vorübergehende Wachstumserscheinung

  • Andere Ursachen wie Short Ulna Syndrome oder Rachitis sind differenzialdiagnostisch zu prüfen

Mehr Calcium kann bestehende Disbalancen sogar verschärfen – vor allem, wenn der Welpe schon „zu viel“ davon bekommt.

Praxis-Tipp: Bei Unsicherheiten bitte nicht selbst herumdoktern. Eine fundierte Futterplananalyse oder tierärztliche Abklärung sind der bessere Weg.

Welpen sind keine „Sonderfälle“ – aber auch kein Selbstläufer

Welpen sollten nicht komplett anders, aber mit Köpfchen gebarft werden. Die Natur liefert uns mit dem Aufbau eines Beutetiers und der Biologie des Wolfes gute Orientierung – ergänzt durch moderne Bedarfswerte (z. B. NRC, Meyer/Zentek).

Was sie nicht brauchen, sind Mythen, Überängstlichkeit und unnötige Zusätze. Und schon gar keine Rationen „nach Gefühl“ oder aufgrund von Halbwissen aus Onlineforen.

Was du jetzt tun kannst

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